Noch 22 Tage bis zum Eurovision Song Contest 2024

Meet & Greet Zypern: Schön wie Aphrodite

2. Mai 2022 Sigi Doppler

In einem sehr eleganten, eng anliegenden türkisfarbigen Kleid betrat die bildhübsche Andromache die Meet & Greet-Bühne. Im Schlepptau hatte sie ihre beiden Tänzerinnen, sowie die Delegationsleiterin Zyperns und zwei Herren, vermutlich ihre beiden Choreografen Marvin Dietmar und Dan Shipton, die jedoch nicht explizit vorgestellt wurden.

Nachdem sie und ihr Gefolge von der Moderatorin Carolina di Domenico freundlich begrüßt wurden und sie alle Platz genommen hatten, wurde sie auch schon gefragt, ob Botticelli’s Gemälde “Die Geburt der Venus” bei der Inszenierung ihres Auftritts und beim Aufbau der Bühne Pate gestanden hätte. Dass man dabei an die Venus gedacht hätte, konnte sie zwar nicht bestätigen, aber dass beim Bühnenaufbau und der Gestaltung des Auftritts die griechische Göttin der Liebe, der Schönheit und der sinnlichen Begierde, Aphrodite, eine wichtige Rolle spielt, konnte sie sehr wohl bestätigen. Schließlich liegt der Geburtsort Aphrodites mit Petra Tou Romiou auf der Insel Zypern und auch die mediterranen Farben, die das Bühnenbild beherrschen, sollen die Phantasie der Zuschauer in die antike Welt der alten Griechen lenken.

Andromache erzählte auch, dass sie als Tochter griechischer Eltern in der deutschen Kreisstadt Siegen geboren und dort bis zu ihrem neunten Lebensjahr aufgewachsen ist. Später absolvierte sie in Athen über mehrere Jahre ein Studium der deutschen Philosophie. Sie habe das Studium zwar nicht vollständig beendet, aber da sie fließend Deutsch spricht und ihre ersten Lebensjahre in Deutschland verbracht hatte, war ihr Interesse daran sehr groß. Dann aber hat Musik und Poesie sie noch viel mehr interessiert, als das trockene Philosophiestudium und darum hat sie den Weg als Sängerin eingeschlagen, worüber sie sehr glücklich ist. Außerdem verriet sie, dass sie selbst auch Gedichte schreibt, die allerdings bisher nur wenige kennen.

Natürlich kam auch die obligatorische Frage, mit welchen Sänger*innen sie bisher in Turin zusammengetroffen ist und wen sie am liebsten mag. Klar, dass sie darauf nur lobende Worte für ihre Mitkonkurrentinnen aus Griechenland und Spanien hatte, doch plötzlich geriet sie so richtig ins Schwärmen, als sie von einer Begegnung mit dem israelischen Sänger Michael Ben David sprach “He is so cute”.

In Anspielung auf ihren Namen Andromache (zu Deutsch: “Die wie ein Mann kämpft”) räumte sie ein, eine Kämpferin zu sein, die bei allem was sie tut, das Beste aus sich herausholt und die nie aufgibt, selbst wenn die Vorzeichen für einen Sieg nicht gerade verheißungsvoll sind. Vielleicht ist genau das auch ihr Motto beim Auftritt im Pala Alpitour von Turin. Jedenfalls sei sie sehr zuversichtlich, was den weiteren Verlauf dieses Wettbewerbs angeht und so klang mit dem von ihr a capella gesungenen Refrain ihres ESC-Beitrags “Ela” das Meet & Greet Zyperns vielversprechend aus.

Fotos: EBU / Screenshot

Meet & Greet Australien: Conchita, Grace und Masken

2. Mai 2022 Wolfgang Grube

Kommt Sheldon mit oder ohne Gesichtsmaske zur Pressekonferenz? Diese Frage war schnell beanwortet: er kam strahlend und perfekt gestylt “oben ohne”. Von der Anstrengung des langes Fluges von Melbourne nach Turin vorgestern und dem dreimaligen Singen seines stimmlich anspruchsvollen Titels “Not the same” bei der ersten Probe ist nichts zu spüren. Er freut sich sichtlich über die Komplimente des Pressekonferenzmoderators und spricht sehr offen über sein Leben. Er hat einen festen Freund, hat seinen Hund “Grace”, den er über alles liebt und er erzählt von seiner schwierigen Jugend und darüber, dass bei ihm in jungen Jahren das Asperger Syndrom festgestellt wurde. Sheldon ist in einem streng religiösen Umfeld aufgewachsen und er litt darunter, dass andere ihm die “Do’s and Don’t’s” vorgegeben haben und Lebensträume ignoriert wurden. Sheldon, der schon seit vielen Jahren den ESC immer live anschaut (morgens um 5 Uhr!), hatte dann bei Conchita Wursts Auftritt 2015 sein persönliches “Erweckungserlebnis”. Dieser Auftritt hat sein Leben verändert und er kann und will sich seither so geben, wie er ist. Er schrieb sich auf seinem damaligen Facebook-Account selbst eine Nachricht, die Jahre später der Impuls und der Grundstein für sein Lied “Not the same” wurde.

Dass dieses sehr persönliche Lied der diesjährige australische Beitrag werden würde, kann er selbst immer noch kaum fassen. Sein absoluter Traum, einmal selbst beim ESC aufzutreten, wurde wirklich wahr! “Not the same” berührt ihn nach wie vor jedes Mal beim Singen, aber der Song ist inzwischen für alle da und möge jene Menschen ermutigen, die sich bisher noch hinter ihrem eigentlichen Ich verstecken. Das diesjährige Motto “Sound of Beauty” gefällt ihm gut, insbesondere deshalb, weil Musik die Menschen in diesen schwierigen Zeiten verbinden und das Zusammengehörigkeitsgefühl verstärken kann. Und er ist so glücklich darüber, dass alle, die Eurovision Song Contest lieben, sich so geben können, wie sie sind. Er ist sehr bewusst darüber, dass dies in vielen Ländern der Welt nicht der Fall ist.

Sein Bühnenkostum konnte “nicht am Stück” im Flugzeug transortiert werden – es war zu schwer! Stolze 40 Kilogramm wiegt es. War es bei der australischen Vorentscheidung noch schwarz, ist es in Turin weiss! Der Grund dafür ist, dass sein Lied neben den Momenten der Dunkelheit auch Momente des Lichts und der Hoffnung enthält. Für Sheldon, der viele seiner Outfits selbst kreiert, ist der ESC immer eine Inspirationsquelle. Für ihn sind die Bühnenoutfits und die Musik gleichermaßen wichtig. Kein Wunder, dass Kate Miller Heidke’s” Gravity zu seinen australischen Lieblingsbeiträgen zählt. Im vergangenen Jahr war es Barbara Pravi die ihn nachhaltig beeintduckt hat. Sie könnte er sich auch gut als Interpretin für einen James Bond-Titel vorstellen.

Masken hat Sheldon inzwischen 16 und wählt sie je nach Stimmung für seine Bühnenperformances aus.

Fotos: 1, 3 & 4 EBU / 2 Screenshot Meet & Greet

Meet & Greet San Marino: Achilles kluger Bullenritt

2. Mai 2022 Frank Albers

Es war wenig überraschend, dass einer der wildesten und heißesten Auftritte an diesem Probentag aus San Marino kam. Der italienische Topstar Achille Lauro in Diensten San Marinos ist legendär für seine provokanten und extremen Inszenierungen, die auch ein Grund für seine Popularität in Italien sind. Auf der Turiner Bühne wird Achille im hautengen Strumpfnetz-Kostüm und Cowboyhut zwischen zwei Käfigen auf einem roten Bullen reiten und natürlich darf auch eine Luxus-Federboa nicht fehlen. Der ESC hat in den letzten sechs Jahrzehnten schon einiges gesehen und erlebt, ein heißer Ritt auf einem Bullen ist dann aber tatsächlich mal was Neues.
In der Pressekonferenz zeigte Achille dann seine andere Seite, die des sehr sachlichen und überlegten Künstlers, der klare Vorstellungen von seiner Kunst hat und wie und wo er sie einsetzen will.  Von aufgedonnertem Glamour und Provokationen war bei der Pressekonferenz nur noch ansatzweise etwas zu spüren.
Sehr sachlich schilderte Achille das Konzept hinter seinem Auftritt an dem er sehr lange gearbeitet habe und sich außerordentlich darauf freut, es Europa endlich vorstellen zu können. Obwohl Achille Englisch spricht, war es ihm wichtig auf Italienisch antworten zu können, da er Sorge hatte, sich nicht präzise genug ausdrücken zu können.

 

Die Grundaussage der Inszenierung sei Freiheit, das zu sein was man ist und sein möchte. Dies bedeutet für ihn persönlich, einzigartig zu sein. Aber jeder von uns habe natürlich seine ganze eigene Idee und Vorstellung von Freiheit und die gelte es zu akzeptieren. Von Wettbewerben an sich, egal ob es nun der ESC oder Sanremo sei, hält er nicht sehr viel. Viel wichtiger für ihn sei die Möglichkeit, sich auf einer großen Bühne wie dem ESC ausprobieren und präsentieren zu können. Er würde daher auch nicht spekulieren, wer im Halbfinale eventuell sein größter Konkurrent oder seine größte Konkurrentin sein könnte. Er freue sich auf alle Auftritte gleichermaßen.

Gefragt nach dem Unterschied zwischen Eurovision und Sanremo sagte er, dass dieser gewaltig sei. Nicht nur wegen der unterschiedlichen Größe sondern vor allem, weil in Sanremo die Proben nicht öffentlich wären. Bis zu Show wisse dort niemand was der jeweilige Interpret genau tun würde. Eine kleine Provokation oder etwas ganz Ausgefallenes zu präsentieren, wie er es mit “Domenica” in diesem Jahr gemacht hätte, sei so viel einfacher und effektiver, weil man alle überraschen könne. Beim ESC sei das aufgrund der riesigen Öffentlichkeit schon bei den Proben vollkommen unmöglich.
“Domenica” haben er für Sanremo geschrieben, ohne den ESC im Hinterkopf zu haben. “Stripper” hingegen sei gezielt für den Eurovision Song Contest von ihm entwickelt worden. Aber er habe auch ein paar andere Titel zur Auswahl gehabt, sich dann aber ganz bewußt für “Stripper” entschieden.

Natürlich interessierte die italiensichen Journalisten vor allem sein Verhältnis zum  Sanremo-Festival, das er in den letzten Jahren stark mitgeprägt habe. Er sei stolz, das aus seiner Sicht bis vor einigen Jahren noch sehr konservative und musikalisch einseitige Festival etwas wachgerüttelt zu haben und für mehr musikalsiche Vielfalt in Sanremo gesorgt zu haben.

Nach dem ESC plant Achille eine große Italien-Tour mit Konzerten in großen Arenen aber auch mit ein paar intimen Clubauftritten.

Das Meet & Greet mit Achille Lazro präsentierte einen Künstler, der auf der einen Seite ein großer musikalischer Provokateur ist und viele Menschen in ästethische Grenzbereiche führt, der andererseits aber auch sehr reflektiert, überlegt und zurückgenommen sein kann.

 

(Foto 1, 3, 4: EBU, Foto 2: EBU/Screenshot)

Meet & Greet Malta: Die starke Botschaft

2. Mai 2022 Reinhard Ehret

Die Verspätungen im Programmablauf der Interview-Übertragungen wachsen von Tag zu Tag an. Über eine halbe Stunde nach der geplanten Zeit tauchte Emma Muscat aus Malta auf den Bildschirmen auf. Die 22-jährige, in San Giljan geborene Sängerin versöhnte die Wartenden jedoch mit einem äußerst charmanten Auftritt vor der virtuell versammelten Presse, wenngleich der ewig aufgedrehte Fragesteller Mario zuweilen eine enervierende Mitsinglust an den Tag legte. Anstrengend! 

Emma berichtete ? welch Überraschung ? von einer glänzend verlaufenden Probe und der schon oft zitierten “amazing stage”. Sie freute sich sehr, dass alles nach ihren Vorstellungen verlaufen sei. Nach ihrem Songwechsel, der im Nachgang zur maltesischen Vorentscheidung für Verwunderung gesorgt hatte, befragt, sagte sie, dass “Out Of Sight” ein sehr persönliches Lied sei, das sich stark auf ihre Vergangenheit beziehe. Ihr jetziger Beitrag “I Am What I Am” sei hingegen sehr universell ausgerichtet und habe die sehr starke Botschaft, sich von niemandem verbiegen zu lassen und unbeirrt zu sich selbst zu stehen. Den gleichnamigen Welthit von Gloria Gaynor kennt das junge Ding doch tatsächlich nicht! Man habe ihr zwar gesagt, es gäbe ein Lied mit demselben Titel, aber sie müsse ihn erst noch anhören. Faszinierend! Die dänischen Autoren ihres Songs habe sie noch nie persönlich getroffen, berichtete Emma. Sie hätten bislang nur virtuell über große Distanzen kommuniziert. 

Als sie 15 Jahre alt war musste sie sich für die künstlerische Karriere entscheiden ? und gegen eine sportliche. Zehn Jahre lang war sie nämlich Schwimmerin. Doch häufige Erkrankungen, die man auf das gechlorte Wasser zurückführte, machten diese Entscheidung nötig, die sie aber niemals bereut hat. Ein großer Sportfan ist sie selbstverständlich nach wie vor.

Was sie macht, wenn sie am Abend des großen Finales gewinnen würde? Ganz sicher würde sie weinen und lachen zugleich und sofort ihre Familie anrufen. Nundenn, Emma: You are what you are!

Foto oben: EBU/Screenshot, Foto unten: EBU

Meet & Greet Georgien: Manege frei

2. Mai 2022 Stefan Ball

Die Pressekonferenz Georgiens war etwas trocken und unterhaltsam zugleich. Die vier Mitglieder von Circus Mircus zeigten sich dabei teilweise verhüllt, zwar nicht mit Brillen oder Augenklappen wie bei der Probe, sondern mit unterschiedlichen Tiermasken.

 

Die Probe bezeichneten sie als unterwarten gelungen und ließen dabei offen, ob die italienische Bühnentechnik, Ihr Gesang oder etwas anderes sie positiv überrascht hat.

Den schlimmsten Auftritt seiner Karriere hatte einer von Ihnen mit einem Löwen in Toulouse (es ist aber nichts passiert). Dabei stellte sich heraus, dass von den Vieren nur einer wirklich ein Zirkusartist ist, was aber nichts macht, weil bei Circus Mircus jeder Mitglied werden kann.

Der Namensteil Mircus hat übrigens keine Bedeutung, allenfalls >was solls<, jedenfalls reimt es sich gut auf Circus. Aus einer Kanonenkugel ist übrigens auch noch niemand von ihnen geschossen worden.

Dass sie beim Song Contest auftreten, verdanken sie ihrem Zeremonienmeister (wer auch immer das ist), der das für öffentlichkeitswirksam hält.

Andere Künstler aus diesem Jahr haben sie auf den Promotouren auch schon kennengelernt, auch die anderen maskierten Sänger aus Norwegen, wenn auch nur flüchtig.

Musikalisch sehen sie sich nach einigen Kommentaren eher richtung Metall orientiert. Ihnen wurden auch eine Reihe von bekannten Gruppen genannt, mit denen Sie aber nichts anfangen konnten, darunter auch Kraftwerk.

Eine Frage bezog sich darauf, warum ihr Video einen schwarzen Rand hat. Sie bezogen dass auf die Situation in der Ukraine und weil auch ein Teil ihres Landes faktisch vom großen gemeinsamen Nachbarn besetzt sei. Anscheinend hätten Sie wohl keinen großen Wert überhaupt auf ein Video gelegt, seien aber nach EBU-Statuten dazu verpflichtet und hätten dann diese solidarische Symbolik eingebaut.

Ein großes Geheimnis machen die Vier aber noch um ihren. Die Drehleier ist wohl nicht wichtig, aber es sollen noch Überraschungen kommen, vermutlich akrobatische Einlagen.

Ihr musikalisches Können stellten sie auch noch live unter Beweis und bedienten sich dabei Kleininstrumenten.

Stefan Ball

Fotos Proben: EBU (Nathan Reinds)
Fotos M&G: Bildschirmfoto EBU

Meet & Greet Aserbaidschan: Dunkle Treppen und prominente Hilfe

2. Mai 2022 Frank Albers

Nadir Rustamli hat sich in seiner Heimat in den letzten Monaten einen Namen durch den Sieg bei “The Voice Azerbaijan” gemacht und stieg innerhalb kürzester Zeit zu einem der aktuell populärsten Sänger Aserbaidschans auf. Seine Direktnominierung für den ESC hat seinen Bekanntheitsgrad noch weiter erhöht, aber entsprechend groß ist inzwischen auch die Erwartungshaltung bei seinen Fans. Bei seinem Sieg bei “The Voice” war der ESC-Sieger von 2011 und spätere ESC-Moderator Eldar Gasimov sein Coach. Eldar begleitet Nadir nun auch in Turin und unterstützt ihn hier mit all seiner Erfahrung, auch bei der Pressekonferenz.
Da Nadir nicht ganz so gut Englisch spricht, hatte er beim Meet & Greet eine Übersetzerin an seiner Seite.

Die Bedeutung der dunklen Treppenstufen in seiner Bühneninszenierung erläuterte er als Schritte und Stufen heraus aus der Vergangenheit mit vielen Ängsten und Unsicherheiten. Am Ende der Stufen kann er neue Hoffnungen schöpfen. Auch das zum Lied gedrehte Video soll das Überwinden dieser Ängste darstellen.

Nach dem Erfolg bei “The Voice” wurde er von verschiedenen Seiten auf eine mögliche ESC-Teilnahme angesprochen, ernsthaft damit gerechnet habe er aber nicht. Erst als im azerischen Frühstücksfernsehen sein Name bekannt gegeben wurde, wurde ihm klar, dass seine Karriere nun eine ganz andere Richtung einschlagen würde. Er hatte bis dahin keine Ahnung, dass er ausgewählt worden war. Entsprechend euphorisch war seine Reaktion.

Ursprünglich war Nadir Leistungssportler und professioneller Schwimmer, hat dies aber zu Gunsten seines Studiums und der Musik zurückgestellt.

Obwohl er ein großer Fan von Balladen ist, hatte er sich zunächst einen Rocksong als seinen ESC-Beitrag gewünscht. Erst als er “Fade to Black” zum ersten Mal gehört hatte, wusste er, dass es nur dieses Lied für ihn sein konnte.

Eines seiner Eurovision-Lieblingslieder ist “We Could Be The Same” der türkischen Band Manga von 2010, das er in einer azerischen Version sang.  Auch “Euphoria” gehört zu seinen Lieblingen.

Mit viel Stolz und Glück schaut er auf die Zeit bei “The Voice” zurück, die die Grundlage für seine Musikkarriere war, mit dem Aufbau vieler Freundschaften und Netzwerke und vor allem musikalischer Professionalität. Hier beim deutlich größeren ESC hofft er dies nun weiter ausbauen zu können.

 

(Fotos 1, 4, 5: EBU, Fotos 2, 3: EBU/Screenshot)

Meet & Greet Serbien: Händewaschen und klatschen für die Gesundheit

2. Mai 2022 Karl Jakob

Zu dem Meet & Greet nach der ersten Probe hat die serbische Sängerin Ana Duric alias Konstrakta gleich ihre ganze Crew mitgebracht und deren Aufmarsch und die Sitzordnung auf dem Podium waren entsprechend dem Bühnenauftritt exakt inszeniert. Die obligatorischen Waschschüsseln in weiß und rot durften natürlich nicht fehlen. Auf die Bitte von Carolina Di Domenico ihr Team vorzustellen, erwiderte Konstrakta nur, dass alle aus dem “alten Rom” stammen und nur lateinisch sprächen, aber  Experten im Klatschen und mit den Händen wären. Natürlich war auch gleich eine kleine Kostprobe dieser Kunst zu hören und zu sehen.

Konstrakta empfindet, dass zur Zeit die Gesundheit- und  Schönheitsstandards ein zu hohes Level bei den Menschen einnehmen und dies hat sie versucht in sehr tiefsinnigen Zeilen und einer eingängigen Musik zu verpacken. Bewusst singt die Belgraderin in serbisch und zur Verdeutlichung erklärte sie, werden beim Auftritt in Turin auf der LED Wand Teile des Textes in englischer Sprache  eingeblendet. Die Inszenierung für den ESC unterscheidet sich kaum von dem Auftritt bei der serbischen Vorentscheidung im März dieses Jahres. Das ständige waschen der Hände, soll die übertriebene heutige Gesundheitspflege verdeutlichen. Die Sängerin erwähnte, dass sie bei den ersten Proben zur serbischen Vorentscheidung eine qualitativ minderwertige Seife verwendet hatte und durch das viele Händewaschen anschließend Probleme mit der Haut bekam. Jetzt hat sie sich für eine qualitativ hochwertige, sanfte Seife entschieden und wie sie lachend sagt, könnte sie nun ihre Hände problemlos 10 Stunden lang waschen.

Die einfache Choreografie mit den Händen und der Text sollen die Menschen dazu anregen über diese wichtigen Themen nachzudenken . In einem Teil des Textes behandelt Konstrakta kritisch  auch noch ein anderes Thema, welches ihr sehr am Herzen liegt. Nämlich die Situation der Künstler in Serbien, die zur Zeit nicht zur gesetzlichen Krankenkasse zugelassen sind, was im Falle einer Krankheit auch eine finanzielle Katastrophe bedeutet.

Dass sie in den ersten Zeilen des Liedes über das Geheimnis von Meghan Markles Haare rätselt ist ein Zufall, denn ein Zeitungsartikel über die Haare der Herzogin von Sussex hatte sie auf dieses Thema gebracht und der Name hat somit keine weitere Bedeutung.

“Nein” erwiderte sie entschieden, auf die Frage ob ihr Song “In Corpore Sano” direkt mit Corona zu tun hat und erklärte, dass der Inhalt des Liedes sich auf das lateinische Sprichwort  “Mens Sana In Copore Sano” bezieht, was soviel wie “Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper” bedeutet. Die Zeilen und der Song sind ihr während der Coronazeit bei einem Spaziergang mit ihrem Hund Rocky eingefallen. Die meisten ihrer Songs entstehen so auf diese Art und Weise. Ihr Hund ist ihr treuester Freund und die Bewegung und das Atmen an der frischen Luft sind eine große Inspiration für sie.

Konstrakta hat keine speziellen Rituale vor ihren Auftritten, lediglich drei goldene Ringe von ihrer Schwiegermutter sind ihre Glücksbringer.

Auf die Frage welche Pläne sie nach dem ESC hat, sagte die Sängerin mit den ausdrucksstarken Augen, dass sie sicher einige Konzerte geben wird, doch als erstes wird sie viel Schlaf nachzuholen haben. Aber jetzt genießt sie die Tage in Turin und die Aufmerksamkeit, die sie für sich und ihren Song erhält.

(Fotos: EBU / Screenshot)

 

Meet & Greet Israel: Vom Supermarkt zum Songcontest

2. Mai 2022 Sigi Doppler

Ganz beschwingt, aufgedreht und lässig tänzelte der sympathische Israeli Michael Ben David mit den Worten “O my god, I’m so glad to be here” dem Moderator Mario Acampa direkt in die Arme. Sogleich war eine frische und ungezwungene Atmosphäre hergestellt, die sich (fast) während des gesamten Interviews durchzog.

Michael Ben, der wie er sagte, zum ersten Mal in seinem Leben in Italien weilt, erzählte sogleich, dass er mittlerweile mit Netta, der Siegerin des Songcontests von 2018 eine wunderbare Freundschaft pflegt. Sie war es auch, die ihm einige Tips für Turin mit auf den Weg gegeben hat und die ihm sagte: “Sei einfach Du selbst und betrachte jeden Tag, den Du dort erleben kannst, als großes Geschenk.” Genau das sei ihm gerade durch den Kopf gegangen, während er seine erste Probe auf dieser fantastischen Bühne absolvierte. “Das war so ein unglaubliches Glücksgefühl, das ich verspüren durfte, während wir vorhin probten. Ich glaube, etwas Schöneres kann man kaum erleben” schwärmte er völlig hingerissen.

Überhaupt klingt seine Geschichte wie ein modernes Märchen, wenn er erzählt: “Vor sechs Monaten war ich noch ein kleiner Kassierer in einem Supermarkt und nun stehe ich als Solist auf der Bühne des Eurovision Songcontests. Manchmal kann ich es selbst kaum glauben” Alles begann damit, dass seine Kolleg*innen im Supermarkt ihn immer wieder aufforderten, sich doch mal bei X-Faktor zu bewerben, was er dann auch tat. Völlig überraschend gewann er den Wettbewerb und bekam gleichzeitig die Direktnominierung, als Vertreter Israels beim Songcontest 2022 dabei zu sein. Schmunzelnd ergänzte er dann noch: Aber wer weiß, wie das alles weiter geht, vielleicht sitze ich bald schon wieder an der Kasse im Supermarkt.”

Noch bevor er den Job an der Supermarktkasse hatte, besuchte er eine Schauspielschule, die sich auch mit Musicals beschäftigt. Noch während er davon erzählte, reckte er sein rechtes Bein kerzengerade in die Höhe und sang mit hoher Falsettstimme das Lied “Memories” aus dem Musical Cats. Direkt danach fiel er seinem Gegenüber Mario in die Arme, der völlig überrascht meinte: “Hoffentlich haben wir jetzt Deinen Boyfriend nicht eifersüchtig gemacht.” Daraufhin erzählte Michael Ben von der großen Liebe, die ihm sein Partner schenkt und die ihn so stark macht.

Als er nach seiner Mutter gefragt wurde, die von einer ukrainischen Familie aus Kiew stammt, wurde die Stimmung  dann doch etwas nachdenklich und getrübt. Mit traurigem Blick erzählte er, dass sein Onkel mit seiner Familie noch immer in Kiew lebt und dass sie aus patriotischen Gründen dort nicht weggehen wollen. “Wir hätten so gerne, dass sie zu uns nach Israel kommen, aber sie wollen um keinen Preis ihr geliebtes Land verlassen, das momentan so brutal zusammengebombt wird. Das macht mich sehr, sehr traurig und ich habe große Angst um sie” sagte er mit tränenerstickter Stimme.

Schnell hatte er sich dann zum Glück wieder gefangen, als Mario ihn darauf aufmerksam machte, dass seine vier Tänzer gekommen seien und ob er sie nicht auf die Bühne rufen möchte. Sofort hatte er wieder dieses unwiderstehliche Lächeln in seinem Gesicht und rief “O my beautiful dancers, please come to me on stage”. Das ließen die ganz in schwarz gekleideten Jungs sich nicht zweimal sagen und stürmten zu ihm auf die Bühne, um mit ihm gemeinsam ein paar Tanzbewegungen im Rhythmus ihres ESC-Beitrags “I.M” zu zelebrieren. Mit einer innigen Umarmung von Michael Ben mit Mario und den Worten “I love you” und “I love you too” endete die gefühlsbetonte Meet & Greet Plauderei.

Fotos: EBU/ Screenshot

Meet & Greet Finnland: Die Senioren-Band

2. Mai 2022 Stefan Ball

Gelb scheint in Skandinavien sehr beliebt zu sein dieses Jahr. Nach Norwegen gestern, begann auch Finnland den heutigen Probentag quietschsonnig untermalt. Sogar des Sängers Lauris Regenjacke leuchtete gelb, bevor er sie ablegte und seinen durchtrainierten Oberkörper zeigte.

Beim Meet & Greet blieb von der fröhlichen Farbe nur ein Paar Gummistiefel übrig, ansonsten waren alle in schwarz gekleidet und Lauri hatte sich schwarze Federn ins Haar geflochten.

Unter all den jungen Nachwuchs-SängerInnen stellt das Quartett eine Art Seniorenbeitrag dar, immerhin besteht die Gruppe seit 1994. Damals war es noch nicht so einfach an Musik zu kommen, Musikalben waren in der Prä-Webzeit noch verhältnismäßig teuer und die hörte man dafür umso intensiver. Vielleicht haben sie von daher noch so viele treue Fans.

Die Inspiration für ihre Lieder in nun fast 30 Jahren fanden sie nicht nur in den eigenen Biographien, sondern auch im Alltag und auf den vielen Reisen, die ihr Beruf mit sich bringt. Für Lauri selbst stellt die Isländerin Björk eine Inspiration dar, ihre Musik ebenso wie ihre Persönlichkeit.
Ihren Stil umschreiben sie auch mit skandinavischem Minimalismus. Im Übrigen vertreten sie auch die Theorie, dass das finnische Klima eine Ursache ist, dass dort so viele laute Rockmusik gemacht wird.

Ob Lauris aktueller Wohnort Hawaii, was für ihn schon wieder sehr abgelegen ist, den Stil leiser machen wird? Jedenfalls verfolgt er so aber auch den gerade noch laufenden American Song Contest. Von der Turiner Konkurrenz benannten sie die Beiträge aus Griechenland, dem Vereinigten Königreich und Schweden als ihre Favoriten

Ihr eigener Beitrag “Jezebel” ist nach einer biblischen Figur benannt, einer grausamen und gleichzeitig wunderschönen Königin. Ihre Jezebel dagegen ist eine moderne, wenn auch gefährliche und rebellische Frau (oder Mann).
Dass sie sich gerade jetzt für den Song Contest bewarben, lag zum einen an diesem Lied und zum anderen an Corona. Nach der schwersten Phase der Pandemie fühlt es sich gut an, hier zu sein, nachdem man die schwere nationale Vorentscheidung gewinnen konnte.

(Fotos 1, 2: EBU Nathan Reinds, Foto 3,4: EBU/Screenshot)

Buongiorno zum 3. Probentag

2. Mai 2022 Frank Albers

Der dritte Probentag bietet uns heute den Auftakt zum zweiten Halbfinale. Die erste Starterhälfte von Finnland bis Zypern darf heute erstmals auf die Bühne und anschließend auf die Sessel des Online-Pressezentrums.
Der im Innenraum der Olympiahalle aufgebaute Greenroom ist nicht nur ein üppiger grüner Garten mit Hecken und Bäumchen (wir berichteten darüber schon am Wochenende), sondern wohl auch ein beliebter Picknick-Ort. Eine Delegation aus dem Norden scheint hier Teile ihres Frühstücks zurückgelassen zu haben.

Um 1o Uhr beginnen die Proben und ab 12 Uhr heute mittag starten die “Meet & Greet” genannten Online-Pressekonferenzen, über die wir Euch natürlich wieder ausführlich informieren werden.

Los geht es um 12 Uhr mit Finnland,
gefolgt von
Israel
Serbien
Aserbaidschan
Georgien
Malta
San Marino
Australien
Zypern

Wir wünschen Euch einen spannenden Proben- und Pressekonferenz-Montag und einen entspannten Start in die neue Woche.
Euer
OGAE-Team

 

(Foto: EBU)