Noch 21 Tage bis zum Eurovision Song Contest 2024

Die erste Generalprobe der Finalshow

13. Mai 2022 Reinhard Ehret

Man mag dazu morgen unterschiedlicher Meinung sein, aber für viele wird einer der absoluten Show-Höhepunkte – von den Darbietungen der 25 Wettbewerbsteilnehmer einmal abgesehen – Gigliola Cinquetti sein. Die Grand Dame des italienischen Liedguts, und ganz nebenbei eine der berühmtesten Fernseh-Persönlichkeiten des Landes, wird uns mit ihrem 1964er Siegerlied “Non ho l’età” beglücken, das sie heute auf faszinierende Weise, gegen das Scheinwerferlicht mit einer Sonnenbrille geschützt, großartig live intonierte. Sie stand im Frontbereich der Bühne, hingebungsvoll wie einst vor 58 Jahren, und begeisterte die wenigen Anwesenden.

Wie wir es schon von den Halbfinalproben kennen, rumpelte es im Gebälk des Showablaufs noch gewaltig. Die Italiener werden es zwar auch diesmal wieder gut hinbekommen, doch so mancher Übergang war reine Improvisation. Über einige Highlights ließ man uns sicher noch im Unklaren, zumal in zwei Werbepausen derselbe Einspieler zum Einsatz kam, der die nettesten Momente der Halbfinals collagiert. Der Probenbeginn fand ohne Laura, die sich noch von den Strapazen der letzten Tage ausruhte, und auch ohne Mika statt. Unermüdlich kokettierte aber der putzige Alessandro Cattelan mit der Kamera und war für jede Spontaneität zu haben, wenn es mal im Probenablauf hakte. Die Eröffnungsnummer ist sehr trommelbetont, beginnt in der Altstadt Turins und wechselt in die Olympiahalle mit einem sehr häufig wiederholten, aber wunderschön choral gesungenen “Give Peace A Chance”. Danach steht ein Laura-Pausini-Medley (inklusive “La solitudine”) auf dem Programm, ehe es zum Einmarsch der Nationen kommt. Damit es auch marschig wird, hat man sich für eine Dancefloor-Musikuntermalung im Bumm-bumm-bumm-Ambiente entschieden.

Die Auftrittsproben der 25 Beiträge liefen alle ziemlich gut; selbst die Italiener sangen hübsch wie nie zuvor. Einzig die Schwedin erlebte erneut das Fiasko, dass ihr Soundtrack nach der ersten Strophenzeile wieder abgebrochen wurde. Man kennt das inzwischen schon. Malik scheint sich jedesmal erneut unbandig darüber zu freuen, auf einer solchen Bühne singen zu dürfen. Er hatte sichtlich Spaß und sang sein Lied wie immer fehlerfrei, engagiert und leidenschaftlich. Ob das aber für eine Platzierung in der vorderen Ergebnishälfte ausreicht, bezweifeln viele. Marius Bear aus der Schweiz zeigte sich absolut stimmsicher – nur als er gegen Lied-Ende seinen Mikroständer umwarf, wackelte sie ein bisschen. Der Belgier musste den ganzen Vortrag hindurch an seinen In-Ears rumfummeln, weil da wohl irgendwas nicht passte.

Was gibt es sonst noch? Ein origineller Einspieler mit Astronautin Samantha Cristoforetti, die aus der ESA-Raumstation grüßt, ein Mika-Special mit unglaublich vielen Tänzern und einem roten Mega-Herz auf der Bühne, selbstverständlich Måneskin (“Supermodel”)… Und, man glaubt es kaum, zum Ende der Votingphase dreht sich doch tatsächlich der Bühnenbogen. Offenbar hat man die fraglichen Motoren zum Arbeiten bringen können. Es erwartet uns eine kurzweilige Show ohne große Längen, denn – so wie es aussah – geht es gleich nach Schließung der Telefonleitungen zur Verkündung der Jury-Votes über. Das Moderatorentrio wirkt gut eingespielt und gut gelaunt, auch wenn ihre Texte und Gags besser von einem anderen Autoren erdacht worden wären. Nun darf man gespannt sein, ob das Produktionsteam für das um 21 Uhr beginnende Juryfinale alles Wichtige im Griff hat. Toi, toi, toi!

Foto oben: Hallenimpression beim deutschen Auftritt

Foto unten: Hallenimpression beim französischen Auftritt (Fotos: Frank Albers)