Franks Morgenreport 3 - 18. Mai 2008
Verkas Rueckkehr: Einen Morgenreport mit den Ereignissen der letzten Nacht zu beginnen mag chronologisch wenig korrekt sein - aber letztendlich wird diese naechtliche Erscheinung noch laenger in den Koepfen der Fans bleiben: Die Rueckkehr der Verka S. zum Eurovision Song Contest! Gehasst, geliebt und gefeiert erschien sie ploetzlich aus dem Nichts inmitten der ukrainischen Party im Euroclub - mit Mama und allen ihren wunderbaren Taenzern. Die eigentlich arg sterile Nebenhalle des Sava Centers expoldierte geradezu vor Leben und Extase. Bierflaschen, Freundin, Lover oder was man sonst so gerade zur Hand hatte, wurden achtlos stehen gelassen, um zur Buehne zu eilen und ihr zu huldigen. Verkas kurzes aber knackiges Konzert hatte spaetestens jetzt endgueltig das ESC-Fieber nach Belgrad gebracht und heftig grasieren lassen - "Essen, essen, Kinder machen" (ihr neuer Titel!!) Nun, denn.
Aber keine Angst, Verka wird den ukrainischen Auftritt im Halbfinale nicht als Chorsaengerin oder sonstwie aktiv unterstuetzen. Das hat Ani Lorak auch gar nicht noetig, die sich hier in den letzten Tagen von einer Geheimfavoritin zu einer ganz ernsthaften Topfavoritin auf den Sieg entwickelt hat. Eine vor Energie strotzende brilliante Saengerin, die obendrein auch noch sympathisch ist. Eine beinahe unheimliche Kombination.
Hier im Sava Center (in dem bekanntlich das Pressezentrum untergebracht ist) ist man in jedem Raum und auf jedem Gang umgeben von unzaehligen Monitoren, die die Proben aus der Arena und die Pressekonferenzen live uebertragen. Vom Pressecounter wird man zudem unermuetlich mit gedruckten Materialien versorgt. Waehrend also von rechts die verzweifelten Proben Spaniens herniedertoenen, plaerrt von links die Moderation der franzoesischen Pressekonferenz und von vorn und hinten schnattern Fans aus Bulgarien, Belgien und Irland voller Inbrunst ueber das neue Kleid von Charlotte P. und das schlechte Essen auf dem der Party von R. Grossartig!! Das ist Eurovision vor Ort. So will man's haben. Fuer zwei kurze Wochen im Jahr wird die Banalitaet zum internationalen Staatsakt. Waehrend dieser Tage koennte Georg Bush gestuerzt werden, hier im Paralleluniversum Sava Center wuerde es niemanden gross interessieren.
Es interessiert nur noch, warum Weissrussland kleine Kinder auf die Pressekonferenz zerrt und an die Journalisten Unterwaesche verteilt, die Bulgaren Reizwaesche sogar durch den Saal werfen, Frankreich keine Balladen mehr zum Contest schickt und warum die spanische Chorsaengerin permanent ueber ihre eigenen Fuesse stolpert.
Ueberhaupt Spanien: die bestbesuchte Pressekonferenz bislang (neben der des Gastgebers Serbien) war eine grandiose Comedy-Inszenierung. Sie hinterliess einen hoechst verzweifelten Moderator (dem irgendwann die Kontrolle ueber die chaotische Bande komplett aus den Haenden glitt), einen Delegationsleiter, der sich beschimpfen lassen musste, da TVE das zweite Semi nicht uebertraegt, und hoechst vergnuegte Massen, die ausgelassen "El ChikiChiki" tanzten.
Verglichen damit, war die erste deutsche Pressekonferenz eine hoechst brave Veranstaltung. Obwohl sich unsere Engel mit der serbischen Version von "Disappear" tief in die Herzen der anwesenden serbischen Journalisten und Mitarbeiter des Sava Centers sangen. Natuerlich gehoeren zu einer deutschen Pressekonferenz auch mahnende Worte. Auf die kritische Nachfrage eines Bulgaren, warum die deutsche Delegation kaum Promo-Material verteile und auch sont wenig praesent waere, antwortete unser Delegationsleiter Manfred Witt, dass dies ein Gesangswettbewerb und kein Wettbewerb fuer CD-Sammler waere. Er erhielt dafuer kraefigen Applaus, erstaunlicherweise gerade von denen, die sich hier in den vergangenen Tagen als besonders eifrige CD-Jaeger hervorgetan hatten.
Waehrend sich nun wie jeden Morgen wieder drueckende Hitze ueber Belgrad ausbereitet, beginnen Georgien und Ungarn mit ihren Proben drueben in der Arena und die Flieger aus ganz Europa spuelen immer mehr Akkreditierte in die Stadt. Bis zum 24. Mai erwarten die Organisatoren 15.000 auslaendische Gaeste, und jeder wird ein neues Geruecht, eine neue Geschichte im Gepaeck haben, die dann von den Taxifahrern (ich erzaehlte gestern von ihnen) in Windeseile verbereitet und so zu Wahrheiten werden.
Wie versprochen, habe ich mich bei den Taxifahrern auch nach den neuen Lieblingen der Belgradern erkundigt: die Ukraine und Lettlands Piraten werden gerade ganz hoch gehandelt und auch Bulgarien steht in einem Zwischenhoch, zumindest bis heute Abend.
Dobar dan aus Beograd Euer
Frank
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