Die erste Generalprobe zum 2. Semifinale
Man hat uns erhört, denn nunmehr trug die wunderbare Lise endlich ein hochgeschlossenes schwarzes Kleid, das sie höchst elegant und einfach umwerfend aussehen liess. Die Probe wurde von etlichen technischen Problemen überschattet, denn bei so einigen Moderationen fiel der Ton aus und vor Rumänien wurde für Minuten unterbrochen.
Man hatte für diese Probe Tausende von Schulkindern in die Halle gebracht, die unermüdlich kreischend und tobend die Halle in ein ekstatisch brummendes Tollhaus verwandelten. Bis aus Schweden waren die Kinder herangefahren gekommen. Dies ist eine blendende Idee, denn zum einen werden die Kinder an den ESC herangeführt und für ihn begeistert und zugleich können sich die Künstler an das Gefühl, vor einer euphorisierten ausflippenden Menge sich zu präsentieren, gewöhnen.
Die Show beginnt mit einer mitreissenden, atemberaubenden tangoinspirierten Tanzvorführung, modern, akrobatisch, elektrisierend, schlichtweg phantastisch - da hielt es in der Probe niemanden mehr auf den Sitzen.
Malta gelang als Opener ein bärenstarker Auftritt, auch wenn der charismatische Leadsänger von der ihn ankreischenden Menge so verdattert war, dass er fast seinen Einsatz verpasste. Mei Finegold sang wie in allen Proben makellos, auch wenn sie offensichtlich Kräfte für das heutige abendliche Juryhalbfinale sich aufsparte. Scheinbar mühelos und mit eisernen Nerven schmetterte Carl Espen gefühlvoll perfekt und das beeindruckte auch die Kinder. Der verwirrende Vortrag Georgiens, andere bezeichnen dies als künstlerisch wertvoll und herausragend, wird von plakativen Landschaftsprojektionen überstrahlt, so dass die Verwirrung mit Fortgang des Liedes zunahm. Wahre Begeisterungsstürme riefen die Polen hervor, die ihre Hommage an die hausfraulich erotisch handarbeitenden slawischen Mädels augenzwinkernd hinreißend umsetzen konnten.
Bei aller Neutralität, aber Conchita Wurst ist schlichtweg phänomenal. Eindrucksvoll sang sie alle in Grund und Boden, dazu verschmitzt und verwegen mit den Kameras flirtend, auch die Schulkinder waren hin und weg. Schwer hatte es danach Litauen, nicht nur dass der Beitrag durchgängig laut ist, auch der unter dem Rock von Vilja kauernde Tänzer, der auf den Hallenbesucher der Eindruck eines schnüffelnden Hundes machte, sorgte für gewisse Irritationen. Die finnischen Jungs präsentierten sich perfekt, die aufwändige Lasershow begeistert und so wird ihr Beitrag rund und beeindruckend. Dies machte es für die ambitionierten Iren schwierig, sich abzuheben. Teo aus Weissrussland war ein weiterer Liebling der Massen in der Halle und das lag sicher nicht nur daran, dass sein Titel von der Machart dem dänischen Beitrag ähnelt, sondern daran, dass er einen leichten, beschwingten Cheesecake präsentierte und schwungvoll locker lässig tanzte und sang. Schwere Kost bleibt hingegen der mazedonische Beitrag, denn so sehr sich Tijana auch müht, viele empfinden "To The Sky" als aufdringlich gewaltsam.
Sebalter gehörte in dieser Probe zu denen, die sparten, denn auch er sang mit angezogener Handbremse, aber entscheidend ist heute erst der abendliche Eindruck. Von Kräftesparen kann bei den Griechen keine Rede sein. Mit vollem Einsatz sangen, tanzten und hüpften sie und gaben alles, was die Hallenbesucher mit Beifallsstürmen quittierten - der griechisce Auftritt war nach allen Regeln der Kunst finalwürdig. Da konnte eine Tinkara Kovac aus Slowenien einem schon fast leid tun, denn zu unakzentuiert kommt nach den mitreißenden Griechen ihre Darbietung auf der Bühne daher, auch die verschiedenen Blau- und Lilatöne in der farblichen Gestaltung mögen zwar schmeichelhaft gedacht sein, verfestigen sich aber in der Erinnerung der Televoter schwerlich - aber vielleicht reicht der unaufgeregte, daher blass wirkende Vortrag, um die Jurys zu begeistern. Nachdem in der Generalprobe keine Pyrotechnik angewendet wird, enthielt auch der rumänische Beitrag etliche Pausen und Längen - man merkt eben, es gibt Lieder, die als Lied überzeugen können, während andere Lieder erst durch technische Hilfestellungen und optische Effekte zum runden Beitrag werden. Bei Rumänien bleibt, wenn man sich den technischen Klamauk wegdenken muss - wie in der Probe - eben nicht mehr so wahnsinning viel mehr übrig.
Nach diesem Vorstellungsreigen durfte dann Australien sich vorstellen. Dies wird von vielen als nicht gelungen angesehen, denn ein wieder neues Lied kann die Aufmerksamkeit der Zuseher von den gerade gehörten Semifinalisten ablenken.
Nun heisst es für die hoffnungsvollen Teilnehmer, letzte Korrekturen vorzunehmen, alle Kräfte zu sammeln und sich zu konzentrieren, um dann die Jurys heute ab 21:00 Uhr für sich einzunehmen. So wird dann heute abend eine weitere, zunächst unveröffentlicht bleibende Vorentscheidung fallen.
(Foto: Sigi Doppler)
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