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Karel Gott gestorben

3. Oktober 2019 weissblau media

KAREL GOTT VERSTORBEN
Ihn auf seinen großen Erfolg mit der „Biene Maja“ zu reduzieren, würde dem Ausnahmemenschen Karel Gott alles andere als gerecht. Freilich gedieh jener Titelsong zur deutschen Fassung der japanischen Zeichentrickserie zu einem Megahit, doch war der am 14. Juli 1939 in Pilsen geborene Sänger ein unglaublich vielseitiger Künstler, der nicht zuletzt auch eine malerische Begabung hatte. Seit seiner frühen Jugend lebte Karel in Prag. Als es ihm später gelang, im gesamten deutschsprachigen Raum (einschließlich der DDR), gleichzeitig aber auch in der Tschechoslowakei und anderen sozialistischen Ländern ein Superstar mit dem Attribut „Die goldene Stimme aus Prag“ zu werden, machte ihm das mancher gar zum Vorwurf – insbesondere als er sich nach der Niederschlagung des „Prager Frühlings“ 1968 und später als Reaktion auf die Bürgerrechtsbewegung „Charta 77“ im Sinne des tschechoslowakischen Regimes äußerte. Doch alle die ihn kannten, wussten, dass es ihm in Wirklichkeit darum ging, seine Heimat und seine Landsleute nicht zu verlassen und mit seiner Kunst eben eine jener wenigen Brücken zu schlagen, die es seinerzeit zwischen Ost und West gab.
Für seinen Grand-Prix-Auftritt 1968 in der Royal Albert Hall zu London für Österreich erhielt er leider nur zwei Punkte – und die aus Deutschland. Die Udo-Jürgens-Komposition „Tausend Fenster“ (Platz 13) wurde zwar kein Hit, aber zahlreiche Bestseller sollten folgen: Mit der „Schiwago-Melodie (Weißt du wohin)“ nahm er an der allerersten ZDF-Hitparade im Januar 1969 teil und belegte in der zweiten Ausgabe den dritten Platz. „Lady Carneval“, „Einmal um die ganze Welt“, „Rosa Rosa“ hießen weitere große Hits. Ralph Siegel komponierte für ihn – unter anderem – „Wie der Teufel es will“ (1976) und vor allem das herrliche Lied „Babi?ka“ (1979), das er ursprünglich gar nicht singen wollte, das jedoch bis heute auf keiner Schlagerparty fehlen darf. Nach „Wenn ich dich nicht hätte“ (1980), ebenfalls von Ralph Siegel, hieß der nächste Charthit „Fang das Licht“ (1985), ein Duett mit Darinka Rolincová. Mit dem gleichen Lied kehrte er 25 Jahre später mit einer Neufassung mit DJ Ötzi in die Hitlisten zurück. Bereits 2008 hatte er mit einer Rap-Variante seines „Forever-Young“-Covers „Für immer jung“ – gemeinsam mit Bushido – einen Top-Ten-Erfolg.
2015 überstand Karel Gott eine schwere Krebserkrankung und gab in den Folgejahren wieder große, aber auch kleine Club-Konzerte. 2019 wurde das Duett mit seiner erst 13-jährigen Tochter Charlotte „Srdce nehasnou“ (Herzen erlöschen nicht) mit über 15 Millionen Klicks ein echter YouTube-Hit. Am späten Abend des 1. Oktober 2019 verstarb er an einer Leukämie-Erkrankung im Kreise seiner Familie. Eigentlich hatte Karel als junger Mann Schauspieler werden wollen. Man kann dankbar dafür sein, dass er sich dem Gesang verschrieb. Vom fröhlichen Lied über das Chanson bis hin zum Rock’n’Roll hatte der Pop-Tenor einfach alles drauf. Die Musikwelt ist ärmer ohne ihn.
(Text: Reinhard Ehret)