
12. Mai 2021 Stefan Ball
Bei der Pressekonferenz im Interview mit der charmanten Hila Noorzai erschien Manizha in Begleitung mehrerer Delegationsmitglieder. Allerdings war von der Begleitung nichts zu bemerken, die Sängerin beantwortete alle Fragen ohne Hilfe dritter. Nein, einmal kam auch einer der männlichen Chorsänger kurz zu Wort. Aber machte nichts. Platz dafür war ja nun genügend da, da die Designersessel gegen die lange Interviewbank ausgetauscht worden sind.

Ganz zu Beginn drückte Manizha den Betroffenen des Kasan-Anschlags ihr Mitgefühl aus. In einer Schule der tatarischen Hauptstadt wurden heute mehrere Schüler und Lehrer Opfer eines Feuerwaffenattentats. Sie bat die Kasaner den Opfern zu helfen und diese mögen die Hilfe auch annehmen.
Dann wechselte das Thema aber und es ging fortan um ?Russian Woman?. Manizha berichtete begeistert von den Neuerungen. Nicht nur ihre güldene Schleifenhaube war neu, sondern auch die goldenen Kostüme des Chors, und die Mikrofonständer erhielten eine mit traditionellen Mustern geschmückte Ummantelung.
An dieser Stelle erfolgte auch der erste Aufruf zu mehr Selbstbewusstsein. Das hat Manizha sicherlich; dabei hat sie, auch wenn der Auftritt noch so sicher und locker rüberkommt, eine gewisse Nervosität und Zweifel, es könne ja noch etwas besser gemacht werden.
Ihre Kernbotschaft verglich sie mit einer Matrioschka, jenen osteuropäischen Steckpuppen. Vordergründig wendet sie sich nur an die Frauen in Mütterchen Russland. Wenn man aber tiefer geht, meint sie alle Erdenbewohnerinnen und sicher auch die männlichen Mitbewohner. Sie ist froh, die große Eurovisionsbühne, oder besser Sendung, als Verbreitungsmedium nutzen zu können. Unabhängig davon ist sie aber auch überzeugt, dass sie und die Frauen die Welt verändern können.
Bei alledem spürt sie aber auch den Druck, etwa auch von jenen, die nicht sie, sondern lieber Russlands letztjährige verhinderte Vertreter Little Big in Rotterdam sehen würden und auch aus gewissen gesellschaftlichen Kreisen. Sie weiß aber, dass es immer und überall Neider, Missgünstige und Kritiker gibt und sie versucht sie soweit möglich nicht zu beachten.
Den Song Contest empfindet sie dabei nicht als feministisch, sondern als menschlich. Die Teilnehmer und Akteure können sie selbst sein und es können viele verschiedene Meinungen und Botschaften verbreitet werden, auch wenn die Musikbranche nicht frei von Zwängen ist.
Als musikalische Vorbilder nannte sie dann nicht die bekannten Popgrößen, sondern hierzulande unbekannte Künstler, etwa auch aus dem Libanon.
Als ein kleines Schmankerl brachte sie beim Song Contest wohl erstmal die tadschikische Sprache bei einer Gesangseinlage zu Gehör, wenn auch ?nur? bei einer Pressekonferenz. Marizha wurde in Tadschikistan geboren.
Ebenfalls etwas überraschend war ein quietschig-spontaner Freudenschrei. Sie erblickte einen riesen Pandabären (Mensch in Plüschkostüm) im Raum. Wie vielleicht schon manche bemerkt haben, nutzen die Gastgeber ihre Presserückwand nicht nur als Werbefläche für die Sponsoren, sondern bieten dort auch dem WWF Platz.

Fotos: Reinhard Ehret