5. Mai 2022 Reinhard Ehret
Nadir Rustamli spart ordentlich Lichtkosten ein. Bei einem Song namens “Fade To Black” bietet sich das ja auch an. Sein Auftritt ist sehr dunkel gehalten, wenngleich durch Gegenlichteffekte und weiße Strahler das Ganze durchaus auch mal heller wird. Im sackleinenen, aber modischen Jogging-Outfit sang er heute sein Lied in drei gediegenen Durchläufen, wenngleich er’s grundsätzlich nicht leicht hat. Da wird zuweilen im Liegen (auch Seitenlage!) gesungen. Alles in allem hatte er seine Töne im Griff, musste aber merken, dass vor allem die kopfstimmigen Schreiphasen absolute Präzision erfordern. Im dritten Durchlauf gelang ihm das wirklich perfekt. Sein tanzendes Alter Ego macht absolut identische Bewegungen, trennt sich aber bald von ihm, was man durch ein Auseinanderdriften der Großtreppe symbolisiert. Nadir beobachtet seinen dunkelhäutigen Gegenpart im Laufe des Vortrags von Gegenüber – bis hin zum finalen Fall ins Dunkel. “Fade To Black” eben. Wir sehen mit dem aserbaidschanischen Beitrag eine coole und markante Darbietung, der aber irgendwie der Zauber fehlt.
Nadir spricht kaum Englisch und erzählte die Geschichte seines Songs gegenüber den Akkreditierten in seiner Sprache – dies aber sehr quirlig wie ein Wasserfall. Alles dreht sich ums Weiterkommen im Leben – Stufe für Stufe. Manchmal ist es schwierig, sich von den Problemen der Vergangenheit und der Gegenwart zu lösen. Man muss sich aber seinen Ängsten stellen, um gegen sie ankämpfen und sich weiterentwickeln zu können. Seine Zusammenarbeit mit dem ESC-Sieger von 2011 Eldar Qasimov sei sehr angenehm; dieser motiviere ihn immer wieder und er lerne sehr viel von ihm, insbesondere was die professionelle Herangehensweise an seinen Auftritt angehe. Nadirs Respekt und Zuneigung gegenüber Eldar gipfelte in dem ganz sicher von Herzen kommenden Satz: “I love you, Eldar.”
Foto oben: EBU/Screenshot – Foto unten: EBU