Das Juryfinale 2014 ist vorbei
Das Juryfinale enttäuschte. Unserer Begeisterung über die imposante Halle und die sensationelle Bühne haben wir zwar schon hinreichend Ausdruck verliehen, doch stiegen dadurch unsere Erwartungen hinsichtlich einer spektakulären Finalshow unberechtigterweise deutlich zu hoch. Was um die 26 Songs des größten Songfestivals der Welt herum passiert, löste bei keinem Beobachter bislang Begeisterungsstürme aus. Das Juryfinale, das immerhin die entscheidende Generalprobe für die Liveshow darstellen soll, endete gegen 0:35 Uhr in einem organisatorischen Fiasko, als ablauftechnisch nichts mehr ging und keiner so recht wusste, wie die Sendung ordentlich enden soll. Abgesehen von diesen sicher noch in den Griff zu bekommenden Abstimmungsproblemen wartet der Sendungseinstieg mit einem aufwändigen Einspieler auf - und anschließend mit einem Einmarsch der Nationen: Alle Interpreten der Konkurrenz werden angesagt und dürfen sich den ersten Applaus abholen. Soweit ist das Ganze noch recht schön. Nach den Beiträgen zieht sich die Ansammlung von Interval Acts bis sage und schreibe 23.45 Uhr hin. Wir erfahren - per Einspielfilm - etwas von einem fiktiven Eurovisionsmuseum und werden damit im Optimalfall zum Schmunzeln überredet. Die Krönung ist jedoch eine balletteske Darbietung zum Thema "Eurovision Song Contest 2075". Einem Ideenaufruf gefolgt hatte diesen hübschen Grundgedanken ein gewisser Herr Meyer aus Köln eingereicht und der dänische Theaterregisseur Nikolaj Cederholm schuf daraus ein Werk, das man als futuristisch-krude Gesangs- und Bewegungsinstallation bezeichnen könnte. Fiktive Interpreten - in fellbetonten Kostümierungen - vom ganzen Globus singen gleichzeitig krumme Melodien, ehe auf hohe Leitern geklettert wird (siehe Foto). Dabei hat man interessanterweise eine Möwe auf dem Kopf. Mit der Siegerin des Junior Eurovision Song Contests, einer Reihe von Interviews mit den Interpreten im Greenroom, mehreren Einspielfilmen und einem feuchtfröhlichen Emmelie-de-Forest-Gruppengesangs-Happening zieht sich das Ganze nahezu endlos hin. Das Ergebnis: Unser geliebtes Voting muss in Windeseile durchgejagt werden. Wir geben Euch den Tipp: Programmiert sicherheitshalber den Videorekorder mit einer deutlich verspäteten Endzeit, wenn ihr den Sieger drauf haben wollt.
Zu den Interpreten gibt es aber natürlich auch noch was zu sagen, allen voran zu Elaiza. Unsere Mädels können nun wirklich in einem schönen Bühnenbild ihr Lied singen und kommen wesentlich authentischer und emotionaler rüber. Alles ist dunkel gehalten, elegante Schriftzüge geben den Songtext wieder und nach dunkelblauem Ambiente erstrahlt güldenes Rot zum Ende des Vortrags. Die explodierenden Luftschlangen wirkten zunächst festlich, ehe sie sich äußerst nachteilhaft über die Künstlerinnen legten und eine unfreiwillige Komik erzeugten. Wir vertrauen darauf, dass diese Einstellungen noch die nötigen Veränderungen erfährt und Ela nicht - wie mein Juryfinale geschehen - eine starre Girlande übers Gesicht hängen hat, während sie ihr abschließendes "I can't go on" singt. Ansonsten waren aber wirklich alle mit dem neuen Setting und dem damit veredelten Ambiente hochzufrieden. Ela blieb die Ruhe selbst und sang voller Freude und sicher wie eh und je.
Einige Interpreten hatten heute zuweilen kleine nervositätsbedingte Gesangsstörungen. Selbst die Spanierin, die nun mit nassem Haar und vielleicht etwas zu detailoptimierter Show alles an die Wand singen will, klang in vorangegangenen Proben schon sicherer. Die Slowenin und der Armenier lagen mitunter deutlich daneben und der Däne wirkte äußerst angestrengt. Doch einige Künstler bringt einfach nichts aus der Bahn: So klangen beispielsweise die Vorträge aus der Schweiz, aus Montenegro, Norwegen, Malta und Russland perfekt wie immer. Die Niederländer schienen die Mikros verwechselt zu haben, denn die Harmoniestimme des coolen Waylon war einen Tick zu prominent. András aus Ungarn entschied sich, über sein attraktives T-Shirt nun eine schwarze Strickjacke zu ziehen, was seine Darbietung nicht besser machte. Nach einem zu martialisch wirkenden Musikelshirt am Nachmittag und dieser dicken Einhüllung kann man ihm nur raten, zum schlichten T-Shirt zurückzukehren, mit dem er am Dienstag den Finaleinzug klargemacht hatte. Mit Valentina Monetta konnten ebenfalls wieder alle hochzufrieden sein. Die Königin des Wettbewerbs heißt aber nach wie vor Conchita Wurst. Bei ihrem Beitrag passt einfach alles: Stimme, Ausstrahlung, das Set und das Gesamtambiente. Mögen die Begeisterungsstürme für sie am Finalabend wieder aufbranden und erst nach den direkt im Anschluss auftretenden Elaiza-Mädels nachlassen, wenn eine kurze Werbepause folgt. Wir schauen uns heute noch die allerletzte Kameraprobe an und melden uns dann mit unserer ganz subjektiven OGAE-Prognose. Freut euch auf die weltsensationelle Eurovisionsbühne, einen großartig neuverpackten und ganz bestimmt perfekt präsentierten deutschen Beitrag, eine unglaubliche Conchita - kurzum auf 26 Lieder, die Europa hochleben lassen.
(Foto: Sigi Doppler)
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