Noch 15 Tage bis zum Eurovision Song Contest 2024

Zweite Probe und Pressekonferenz Slowenien: Von der Schule auf die ESC Bühne

4. Mai 2022 Karl Jakob

Keine großen Veränderungen bei ihrem Bühnenauftritt gab es bei der zweiten Probe der slowenischen “Boyband” LPS. Nach wie vor beherrscht die riesige glitzernde Diskokugel die Bühne. Der Drummer ist geschickt auf einem Podest hinter dieser Kugel platziert, so dass es aussieht als ob er über ihr schwebt. Doch durch die heftige Lichtregie ist er in einigen Einstellungen leider nicht mehr zu sehen. Die anderen Mitglieder sind artig aufgestellt und in ihren 70er Jahren Samtanzügen agieren sie kaum und wirken wie auf einer Probe für ihren Schulabschlussball. Es ist offensichtlich, dass sie auf ihren Instrumenten keine richtige Musik machen und so verbreitet diese bewegungsarme Inszenierung und die Band LPS mit ihrem jazzigen Song einfach nur gepflegte Langeweile. Befürchten muss man leider, dass sie den Sprung ins Finale nicht schaffen werden.

Schüchtern und brav gaben sie sich auch auf der Pressekonferenz und zur Unterstützung wurden sie von der Pressesprecherin der slowenischen Delegation begleitet. Diese wurde von Carolina di Domenico gefragt, ob die Mitglieder von LPS auch im richtigen Leben so schüchtern und zurückhaltend wären. Diese verneinte lachend und  betonte, dass das ganze slowenische Team gerne mit der Band zusammenarbeitet und dass LPS trotz ihrer Jugend sehr professionell arbeiten und mit ihnen die Zusammenarbeit sehr viel Spaß macht.

Die Geschichte in ihrem Song “Disko” handelt von jungen Menschen und Begegnungen in einer Disko, aber zu ihrem Bedauern hat die Pandemie bisher den Besuch einer solchen verhindert. Drei der Bandmitglieder gehen tatsächlich noch in die Schule, in welcher sie sich kennengelernt haben. Die beiden anderen studieren bereits an der Universität. Sie sind sich ziemlich sicher, dass die Unterbrechung von Schule und Studium für den ESC sich nicht negativ auswirken wird, denn von ihren Lehrern und Professoren erhalten  sie viel Unterstützung und Zuspruch. Ein ganz besonderer Rückhalt sind ihre Familien. Alle fünf sind musikalisch durch ihre Familien vorbelastet und der Einfuss von verschiedenen musikalischen Stilrichtungen schlägt sich in ihrer Musik wieder.

Für den ESC haben sie sich schon sehr früh begeistert und verfolgen diesen mit großem Interesse. Doch es fällt allen schwer, sich für einen absoluten Lieblingstitel aus den vielen Songs der Eurovisionsgeschichte zu entscheiden. Selbst dabei zu sein und für Slowenien an den Start gehen, ist für sie die Erfüllung eines Traumes und gleichzeitig auch eine Riesenchance für ihre musikalische Karriere. Diese wollen sie nach dem ESC unbedingt fortsetzen und die Veröffentlichung neuer Titel ist bereits in Planung. Doch zuerst heißt es für die Jungs von LPS, das wohl einmalige Erlebnis auf der Bühne in Turin zu genießen

Natürlich kennen  sie auch die anderen Balkan-Songs und ihre Interpret*innen. Lead Sänger Flip Visusin, der serbische Wurzeln hat, mag ganz besonders den in serbisch gesungenen  Titel “In Copore Sano”von Konstrakta.  Sie drücken allen Balkanbeiträgen die Daumen und hoffen, dass alle beim Finale am 14. Mai dabei sind.

Fotos: EBU /Screenshot

Zweite Probe und Pressekonferenz Schweiz: Das Disney-Gefühl

4. Mai 2022 Frank Albers

Marius aus der Schweiz hatte heute seine zweite Probe und seine zweite Pressekonferenz. Die Probe zeigte Marius, frisch blondiert, mit kräftigem Kajal-Lidschatten und großem Kreuz am Ohr, erneut auf einer sehr dunklen Bühne mit dunkler Lederjacke nur mit einem auf ihn gerichteten Spotlight. Später in der Pressekonferenz sagte er, dass es zwar eine dunkle Bühne ist, aber aus der Dunkelheit das Licht und die Hoffnung wächst. Das möchte er symbolisieren. Zudem wären sie noch nicht ganz fertig mit dem Lichtdesign der Bühne. Es ist ihm ohnehin sehr wichtig zu betonen, dass es sich bei “Boys Do Cry” nicht um ein trauriges Lied handelt sondern um ein Lied, das Hoffnung bringt und gute Gefühle vermittelt. Sein Lied gibt Marius selbst beim Singen ein wohliges Gefühl von Geborgenheit, er nennt es das “Disney-Gefühl”, vor allem in dem Moment wenn ihm ein gebrochenes Herz auf die Wange projiziert wird.

Die Idee die Kamera ganz auf ihn zu fokussieren gefällt ihm ausgesprochen gut. Auf diese Weise hätte er das Gefühl, beim Zuschauer direkt ins Wohnzimmer hineinschauen zu können und bei jedem einzelnen privat zu Hause zu sein. Eine Art von Flirt nicht nur mit der Kamera, sondern direkt mit dem Zuschauer wäre es zudem natürlich auch.

In der Pressekonferenz schilderte er, wie als als Soldat bei der Schweizer Armee zur Musik gekommen ist. Wie beim Militär üblich, musste er hin und wieder lautstark Befehle erteilen. Dabei fiel seinem Vorgesetzten seine starke Stimme auf. Er überzeugte ihn dann die Stimme nicht nur zum Brüllen sondern auch zum singen einzusetzen. Das Ergebnis war, dass Marius die Armee verließ und Straßenmusiker wurde. Es blieb aber nicht beim Singen allein, sondern er begann auch zu komponieren und zu texten, auf Englisch und auf Schweizerdeutsch. Ein frühes Werk auf Schweizerdeutsch stellte er dann auch kurz auf der Pressekonferenz vor.

 

Marius ist aber nicht nur durch die Schweiz (“ich bin ein priviligierter weißer Schweizer, habe somit keinen Grund, mich über irgendetwas zu beschweren”) und die Schweizer Armee geprägt, sondern auch durch die Zeit, die er in Australien verbracht hat. Dort hat er noch mehr zur Musik gefunden aber auch das Selbstbewusstsein entwickelt, vor Publikum aufzutreten und Livemusiker zu werden.

(Foto 1: EBU, Foto 2,3: EBU/Screenshot)

Zweite Probe und Pressekonferenz Litauen: Die vertikale Diskokugel

4. Mai 2022 Stefan Ball

Vielleicht ist der Ausfall der drehenden Sonne sogar ein Vorteil für Litauen, denn das was zu sehen ist, hat alles was es braucht.

Monika Liu steht in einem silbernen, eng anliegendem Glitzerkleid auf der dunklen Bühne und singt verträumt ihr Lied. Dabei bewegt sie sich sinnlich zum langsamen Rhythmus, während im Hintergrund Lichter aufblitzen. Das ganze verbreitet eine intime Jazzclub-Atmosphäre mit Monika als dem großen Star. Mehr braucht es nicht.

Das Kleid wurde von einer Freundin von ihr entworfen, die ebenfalls Monika heißt. Das Material stammt übrigens aus Mailand, ist also auch italienisch. Das Kleid gehört für sie zum Auftritt dazu und erinnert sie an eine vertikale Diskokugel. Während der Pressekonferenz, bei der nur eine Handvoll Pressevertreter vor Ort waren, trug sie ein gelbes Hemd mit einer blauen Ansteckschleife.

Das Lied hat einen persönlichen Hintergrund, da sie in ihrem Leben einen Verlust erlitten hat. Sie ist ein sehr sentimentaler Mensch, sie schreibt ihre Lieder aber nicht bewusst zu einem Moment, es passiert einfach und stellt die Zusammenhänge dann erst später fest.

Die Eurovisionsteilnahme hat ebenfalls einen persönlichen Hintergrund. Sie bewarb sich während einer Coronainfektion. Dabei wurde ihr bewusst, sie lebt nur einmal und sie meint jeder SängerIn sollte beim Song Contest teilnehmen, egal wie etabliert man ist.

Wichtig ist auch das Thema Sprache. Der erste rein litauisch gesungene Beitrag seit Langem ist auch etwas Werbung für diese kleine, aber feine Sprache. Viele glauben immer noch, in Litauen werde Russisch gesprochen.
Vor allem ist es aber nicht nur ihre Muttersprache, sondern auch ihre Singsprache, in der sie sich wohlfühlt. Und ganz speziell bei “Sentimentai” würde eine andere Sprache nicht funktionieren. Sie hat es etwa mit Englisch versucht, es klingt dann aber unmelodiöser. Italienisch wäre vielleicht einen Versuch wert. Aber wenn ihr jemand eine gute Übersetzung in einer anderen Sprache gibt, ist sie dafür aufgeschlossen.

Bild: Bildschirmfoto EBU

Zweite Probe und Pressekonferenz Lettland: Im Rausch der Farben

4. Mai 2022 Sigi Doppler

Dass die sechs Jungs der Gruppe Citi Zéni es beeindruckend verstehen, ein ernstes Thema fröhlich und kurzweilig zu verkaufen, wurde bei dieser Probe mehr als deutlich. Das Publikum darf sich auf eine bunte, schwungvolle und äußerst lebhafte Inszenierung freuen, die garantiert viele Freunde finden wird. Schon allein die knalligen Farben des Bühnenbildes, das andauernd durch bunte Lichter und Spots in fröhlicher Bewegung ist, versetzen den Zuschauer sofort in eine richtig gute Laune. Jeder von ihnen trägt einen schicken Anzug und jeder in einer anderen Farbe. Der Sänger trägt grün, der Gitarrist rot, der Bassist orange, der Drummer gelb, der Saxophonist weiß und der Keyboarder violett.

Auf der Videowand laufen bunte Bilder in schnellem Rhythmus rauf und runter und auf dem Bühnenboden werden abwechselnd die Worte “Hot” und “Cool” projiziert oder Früchte wie rote Kirschen und grüne Avocados. Im Mittelteil des Liedes steht der Saxophonist in einem hellen Lichtkegel, während er hingebungsvoll seinen Solopart spielt. Dann geht “Eat You Salad” wieder lustig und übersprudelnd weiter mit einer der buntesten Inszenierungen, die selbst eine ESC-Bühne bisher nur selten zeigte. Am Ende des Auftritts macht der Gitarrist im roten Anzug ein lupenreines Spagat.

Bei der anschließenden Pressekonferenz erschienen die Fünf in entsprechend guter Stimmung und zeigten sich mehr als zufrieden mit der vorangegangenen Probe, als sie sagten: Now it looks really good, we are ready for the final”. Dass sie das ernste Thema einer gesunden Ernährung in ihrem Lied so spaßig umgesetzt haben, war natürlich Absicht, denn nur so würde man erst richtig aufmerksam auf dieses wichtige Thema und somit auch auf sie. “Unser Job ist es, den Leuten ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, auch wenn es um eine ernste Sache geht”. Dass sie mit ihrem Bühnenauftritt in Turin ihren Job hundertprozentig erfüllen werden, steht außer Frage.

Fotos: EBU / Screenshots

 

Zweite Probe und Pressekonferenz Albanien: Lebhaft und schrill

4. Mai 2022 Sigi Doppler

Leider wurde die Online-Übertragung der heutigen Probe Albaniens aufgrund einer technischen Panne verhindert, so dass die per Online akkreditierten Journalisten und Fans leider nicht sehen konnten, worüber sie gerne berichten würden. Lediglich ein paar kurze Schnipsel waren zu erhaschen, bei denen man sah, dass Ronela unter einem langen aufgeknöpften Kleid einen silbernen Body trägt. Das Bühnenbild erscheint sehr lebhaft und schrill. Vier Tänzer mit nacktem Oberkörper und schwarzen Röcken umtanzen sie und stemmen sie temperamentvoll in die Höhe, während sie ihren Kopf heftig dreht, so dass ihr langer Haarzopf um ihren Kopf kreist. Schon an diesem kleinen Ausschnitt war zu erkennen, dass man offenbar eine ziemlich laszive Inszenierung präsentieren wird.

Bei der von Carolina di Domenico geleiteten Pressekonferenz erschien Ronela fast vollständig “eingepackt” in einem vollkommen zugeknöpften weißen Kleid, mit Handschuhen und einem überdimensionalen silbernen Hut mit vielen Fransen, die in ihre Stirn hingen. Außer ihren Unterarmen und ihrem Gesicht war sie vollständig “zugehängt” und ironisch gab sie zu verstehen, dass es besser wäre, das Wesentliche des Körpers zu verstecken, um die Neugier zu wecken. Augenzwinkernd ergänzte sie, dass sie sich außerdem vorgenommen habe, familienfreundlich und weniger sexy bei der offiziellen Presskonferenz zu erscheinen.

       

Über die vorangegange Probe, bei der es noch viele technische Fehler gab, zeigte sich Ronela überhaupt nicht “amused”. Andererseits ist sie davon überzeugt, dass die Aufführung umso perfekter wird, wenn bei den Proben einiges schief läuft. Mit ihr zur Pressekonferenz gekommen sind die Pressechefin Ilona, sowie ihr Choreograph, ihr Stylist und ihr Make-up Artist.

Auf die Frage, welchen Rat sie anderen Frauen geben würde, die an sich zweifeln und die unsicher sind, berichtete Ronela, dass auch sie als junges Mädchen oft gehänselt wurde. Dann hätte sie aber gemerkt, dass die anderen nur neidisch waren und dass man sich um deren dummes Geschwätz gar nicht kümmern sollte. “Erst als ich das kapiert hatte, konnte ich selbstbewusst nach vorne schauen und erfolgreich sein.” Als sie nach ihrem verstorbenen Vater gefragt wurde, hatte man den Eindruck, dass sie ein paar Tränen unterdrückt. Dann erzählte sie, dass sie ihn sehr lieb hatte, dass er ihr wichtigster Ratgeber war und dass sie auch heute noch in schwierigen Situationen überlegt, was er ihr raten würde.

Sie ist einfach happy, als Vertreterin ihres Heimatlandes beim ESC dabei zu sein, auch wenn sie nicht damit rechnet, den Sieg davonzutragen. “Die Hauptsache ist ohnehin das Dabeisein und die Tatsache, dass ich in der kurzen Zeit, seit wir hier sind, schon so viele großartige Künstler aus den verschiedensten Ländern Europas kennenlernen durfte, mit denen ich am liebsten eng zusammenarbeiten würde”. Außerdem durfte sie seit ihrem Sieg beim Festival i Kenges schon so unglaublich viel Zuneigung von Menschen erfahren, die sie noch vor wenigen Wochen überhaupt nicht kannten. Dann sagte sie noch: “Das Miteinander und die Verbundenheit so vieler Menschen aus allen möglichen Ländern Europas ist eine Garantie für den Frieden untereinander und überhaupt das Beste an der Eurovision, die wir alle so sehr lieben”. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Fotos: EBU / Screenshot

 

Technical Disorder in Turin

4. Mai 2022 Stefan Ball

Einer der bekanntesten Sätze der Eurovisionsgeschichte entschlüpfte der Moderatorin Erica Vaal des Grand Prixs 1967 in Wien “I hope our technical disorder will get in order”. Grund waren Probleme bei der ersten elektronischen ESC-Wertungstafel. 1967 war auch ein bemerkenswertes Bühnenrequisit im Einsatz: große, sich drehende Spiegel, die ungewollt die nackten Füße der Siegerin Sandy Shaw zeigten.

Auch später wurden große Drehmomente aufgebaut. 1977 saß das Pariser Orchester auf einer Art riesigem Drehteller, 1999 in Jersualem bewegten sich zwar nicht die Zeiger der Uhr, aber die eines halbrunden Strahlenkranzes und 20 Jahre zuvor an gleicher Stelle verdrehten sich große übereinandergestapelte Kreise in zweidimensionale Figuren.

Dieser Requisite aus 1979 nicht unähnlich ist auch die Bühne 2022. Nur wünschten sich die Veranstalter, dass sie Frau Vaals Satz wiederholen könnten. 1967 zeigte die Wertungstafel am Ende den richtigen Punktestand, die Turiner Bühne, die eine Sonne darstellen soll, macht aber nicht was sie soll.

Eigentlich sollten sich die einzelnen Bögen einfach drehen lassen, es ist aber wohl Sand ins Getriebe gekommen. Das hat zur Folge, dass nur die mit Lampen bestückte Seite zu sehen ist und die Rückseite, die als LED-Wand dienen sollte, nicht zu sehen ist. Da das Problem voraussichtlich auch nicht rechtzeitig behoben werden kann, wird die Bühnensonne also bei allen 40 Auftritten statisch bleiben, was einige Delegationen zu Umplanungen zwang, darunter Litauen und Dänemark. Bereits 2018 in Lissabon war zu bemerken, wie hilflos manche Kreative darauf reagieren, wenn keine LED-Wand zur Verfügung steht.

Während der Pausenprogramme und der Eröffnung soll aber noch etwas Bewegung ins Spiel kommen.

Bild: 2022 EBU, 1979 Bildschirmfoto

Buongiorno zum 5. Probentag

4. Mai 2022 Frank Albers

Ciao und Willkommen zum 5. Probentag des ESC 2022 in Turin.
Heute stehen die zweiten Einzelproben von 14 Teilnehmern aus dem ersten Halbfinale auf dem Programm. Es wird also ein langer und intensiver Tag. Erstmals werden auch die Proben öffentlich sein, so dass wir Euch auch hier nun gut unsere Eindrücke schildern können.

Auf der Bühne (ab 10 Uhr) und bei der Pressekonferenz (ab 11:10 Uhr) erleben wir heute die Teilnehmer aus
Albanien
Lettland
Litauen
Schweiz
Slowenien
Ukraine
Bulgarien
Niederlande
Moldau
Portugal
Kroatien
Dänemark
Österreich
Griechenland

Wir wünschen Euch einen kurzweiligen und spannenden Probentag,
Euer

OGAE-Team

Franks Nachtgedanken zum 4. Probentag (3. Mai)

3. Mai 2022 Frank Albers

Frank fasst den 4. Probentag vom 3. Mai zusammen

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Editor: Reinhard Ehret

Meet & Greet Schweden: Sturz auf großer Bühne

3. Mai 2022 Reinhard Ehret

Ihre Probe sei lustig gewesen, sagte Cornelia Jakobs. Sie hätte vielleicht deutlicher ihr “Hold Me Closer” rufen sollen, denn ein Sturz und ein verlorener In-Ear-Kopfhörer waren nur zwei von mehreren kleineren Pannen, die die junge Schweden aber nicht aus der Ruhe brachten. Das Gleichgewicht zu halten, macht ihr aber immer mal wieder Probleme, weshalb sie es vorzieht, barfuß auf der Bühne zu sein. War da nicht schonmal was Ähnliches 1967? Egal, denn Cornelia zeigte sich, wie die meisten, sehr fasziniert von der großen Bühne. Das Wort “amazing” fiel natürlich auch hier. Dieselbe Emotion wie beim Melodifestivalen zu erzeugen, wird die große Herausforderung sein, bekannte sie, denn dort war die Bühne kleiner und das Publikum sehr nahe. Hier sei die Distanz zu den Menschen sehr groß und sie müsse wohl viel stärker mit der Kamera kommunizieren als neulich in Stockholm. Dort zu gewinnen sei ein überwältigendes Gefühl gewesen. Und überhaupt: Auf der Bühne zu sein ist für Cornelia wie eine Therapie. Es tut ihr einfach gut herauszufinden, ob ihre Kompositionen und Intentionen die beabsichtigten Wirkungen zeigen. Und offenbar hat das mit “Hold Me Closer” funktioniert, was sich auch durch den 1. Platz im OGAE-Fanvoting manifestiert. Dieses Resultat machte sie sprachlos und sie fühlt sich sehr geehrt durch dieses tolle Kompliment der Song-Contest-Fans.

Ihre Nervosität konnte Cornelia nicht ganz verbergen – oder war das einfach nur eine Marotte, dass sie die kompletten 20 Interview-Minuten lang durch ihren blonden Haarschopf fuhr und an ihrem schwarzen Oberteil zupfte? Vielleicht wirkte aber auch noch die Emotion ihres Liedes nach. Immerhin hat sie es in einer für sie sehr schwierigen Trennungsphase geschrieben und ihr Innerstes darin verewigt. Dass ihr eine absolute Favoritenrolle zukommt, irritiert sie nicht, denn sie hat eigentlich schon erreicht, was ihr wichtig ist: Cornelia will ganz bei sich sein und den Menschen ihre Kunst präsentieren. Und da dies gut angekommen sei, gebe es nun nichts zu verlieren. Ihre erst kurz zurückliegende Covid-Erkrankung habe auch ihr Gutes gehabt, meinte sie: Einerseits legte sie eine Zwangspause ein, andererseits kann sie nun in der nächsten Zeit – hoffentlich – von einer gewissen Immunität ausgehen. Vielleicht macht sie das nun sogar noch stärker als zuvor.

Foto oben: EBU – Foto unten: EBU/Screenshot

Meet & Greet Tschechien: Happy Birthday DomDom!

3. Mai 2022 Wolfgang Grube

Das Meet & Greet stand ganz im Zeichen des heutigen Geburtstages von Domenika, die ihre beiden Bandkollegen liebevoll DomDom nennen. Die drei kamen gut gelaunt von ihrer ersten Bühnenprobe und sind bis auf ein paar noch zu korrigierende Details sehr zufrieden. Benjamin (Keyboard) ist das erste Mal in Italien, Casper (Gitarre) ist schon einmal in Mailand aufgetreten und Domenika war schon in Italien Skifahren. Kennen- und schätzengelernt haben sich die drei in England auf dem Leeds College of Music, wo sie gemeinsam studiert haben. Die beiden Jungs haben damals Domenika bei ihrer Gesangsprüfung mit ihren Instrumenten begleitet und eine Band gegründet. Hierfür entstand der Interimsbandname Domi. Erst im letzten Herbst, nachdem sie lange nach einem anderen Bandnamen gesucht haben, ist dann “We are Domi” entstanden. Der Titel “Lights off” ist in einem Songwriting-Camp entstanden. Sie haben sich ganz kurzfristig dafür entschieden, daran teilzunehmen – auf Anregung des tschechischen Head of Delegation. Zum Glück, denn gleich am ersten Tag entstand das Grundgerüst für “Lights off”. Dass dieser Song aber ihre Fahrkarte nach Turin werden würde, hatten sie damals noch überhaupt nicht auf dem Schirm. Denn als Domenika den Anruf des Endergebnisses des Online-Votings erhielt, dachte sie zunächst an einen ganz anderen Titel, der wohl einige “nicht familientaugliche” Worte enthielt und sie sich zunächst fragte, wie sie wohl den Text anpassen könnte.

Dass sich die drei sehr gut verstehen, macht nicht nur das Miteinander-Umgehen beim Meet & Greet deutlich, sondern auch, dass sie die Lock-downs erst in England, dann in Tschechien gemeinsam verbracht haben und in dieser Zeit sehr produktiv waren. Besonders Spass gemacht hat die Produktion des Musikvideos zu “Lights off”, das ein Freund von Domenika von einer Filmhochschule gemacht hat. Beim Drehbuch und den Aufnahmen konnten sie ihrer Kreativität von dystopischen Geschichte bis hin zur Botschaft “Zeig’ Deine Emotionen” freien Lauf lassen konnten.

Die Interaktion mit den Fans ist Domenika sehr wichtig und sie nimmt sich jeden Tag die Zeit, alle Anfragen selbst zu beantworten. Manchmal hinterläßt sie sogar Voice-Nachrichten.

Casper, der schon immer ein Faible für das Cello und Gitarre hatte, hat einfach beides Miteiander verknüpft. Er hat auf seiner Gitarre Cellosaiten aufgespannt und spielt sie mit dem Cellobogen. Es hat scheinbar ziemlich lange gedauert, bis er den Bogen raus hatte.

Zum Abschluß des Interviews gab es dann eine echte Geburtstagsüberraschung für Domenika: auf einer Videowand wurden ihr Grußbotschaften von Freund*innen gezeigt und sie war sichtlich gerührt. Unter den Gratulant*innen waren auch Ronela Hajati und Sheldon Riley.

Fotos: 1,4 EBU / 2,3 Screenshots Meet & Greet